Was ist in deinem Ruck­sack, E-Learning-Profi?

Rapid E-Learning und seine Verwandten lassen vermuten, ein wirkungsvolles digitales Lernangebot sei mit einem Fingerschnippen erstellt. Ein Blick in die «Studierstuben» der E-Learning-Anbietenden zeigt: Es ist nicht ganz so simpel. Werfen wir einen Blick auf das Anforderungsprofil von Instructional Designern.

somedia learning rene oberholzer

Autor: René Oberholzer, Konzepter, Autor, Projektleiter
Datum: 17. März 2025
Lesedauer: 4 Minuten

Jede:r kann E-Learning! Oder?

Manche fachverantwortliche Person in einem Unternehmen denkt sich: «Warum eine E-Learning-Agentur beauftragen, wenn ich meine Inhalte auch selbst in ein Web-Based Training packen kann? Eine PowerPoint-Präsentation kriege ich sicher selbst hin – jetzt nutze ich einfach ein Autorentool und ein bisschen KI.»

Ein Blick auf das Ergebnis zeigt oft den Unterschied zwischen selbsternannten E-Learning-Profis und erfahrenen Profis. Unser Profi-Pool bei Somedia Learning setzt sich übrigens aus sieben Personen zusammen:

Sie sind wirkliche Profis und bringen ein fundiertes Wissen mit, das sich nicht einfach «nebenbei» aneignen lässt. Und: viel Erfahrung. Nachfolgend lesen Sie, was unser Team im Rucksack hat:

1. Sprachkompetenz: Wie sag ich’s der Zielgruppe?

Wir kennen die Wirkung aus den Kommentar-Spalten von Online-Zeitungen: Beiträge mit vielen Rechtschreib- und Grammatikfehlern wirken unglaubwürdig und unseriös. Bei unseren Lernangeboten wäre dies fatal.

Autorinnen und Autoren müssen Wissen auf verständliche Weise vermitteln und punkto Rechtschreibung und Grammatik sattelfest sein. Für ein angenehmes Lernerlebnis sind ein leicht verständlicher Stil und eine klare Textstruktur entscheidend: kurze, einfache Sätze, sparsam eingesetzte Fremdwörter, sinnvolle Absätze und wenig Passiv-Formulierungen. Komplizierte Texte ermüden eher, als dass sie beeindrucken.

2. Instruktionsdesign: Was kommt wie wohin?

Zwei wichtige Kompetenzen stecken im Begriff «Instruktionsdesign»:

Instruktion beginnt für Autorinnen und Autoren damit, die Struktur eines Fachinhalts zu erfassen und in einen Seiten-, Modul- oder Kursaufbau zu übersetzen. Dafür sind Methodenkenntnisse unverzichtbar: Soll der Inhalt als animierte Grafik, Video, Bild-Text-Kombination oder interaktives Szenario vermittelt werden? Ist zusätzlich eine Präsenzveranstaltung (virtuell oder vor Ort) nötig?

Beispiel Kursaufbau E-Learning

Daneben geht es um das Design, also um gestalterische Aspekte. Wie viel Text verträgt eine Seite? Sind der Seitenaufbau und das Schriftbild übersichtlich und angenehm anzusehen? Sind die Farben harmonisch? Unsere E-Learning-Autorinnen und -Autoren entwickeln Ideen– und unsere Mediamatikerinnen übersetzen diese in ein passendes Screendesign.

Kurz gesagt: In unserem Job geht es darum, Instruktion zu designen. Passenderweise spricht man deshalb oft nicht mehr von E-Learning-Autorinnen und -Autoren, sondern von Instructional Designern. Diesen Ausdruck verwenden auch wir im weiteren Verlauf dieses Beitrags.

3. Aktivierung & Motivation: Interaktionen zielführend einsetzen

Ein zentraler Mehrwert von E-Learning ist die Interaktivität – sie fördert Eigenaktivität und aktives Mitdenken. Dabei ist Interaktivität kein Selbstzweck, sondern soll gezielt Lernprozesse unterstützen.

Wichtig sind dabei Fragetypen mit Feedbackfunktion. Autorentools wie Articulate Rise bieten vielfältige Optionen: Multiple Choice, Drag & Drop, Zuordnung, Lückentext usw. Die Kunst der Instructional Designer liegt in der Auswahl der geeigneten Interaktionsform, um die gewünschten gedanklichen und Handlungsfähigkeiten abzubilden (entscheiden, ordnen, richtig reagieren, auswählen, zusammenstellen, beurteilen usw.).

4. Lernziele: Gekonnt entwickeln und formulieren

Wie oft bekommen wir – wenn überhaupt – kundenseitige Lernziele, die beginnen mit «Die Lernenden sind sich bewusst, dass…»? Meist reicht es aber nicht, dass Lernende etwas wissen oder sich dessen bewusst sind. Auftraggeber:innen erwarten, dass sie dieses Wissen in praktisches Handeln umsetzen – sei es durch richtige oder bessere Handlungen oder durch das Unterlassen bestimmter Verhaltensweisen.

Auf Produzentenseite bemühen wir uns deshalb, Lernziele handlungsorientiert (operationalisiert) zu formulieren.  Optimalerweise entwickeln Instructional Designer solche Lernziele zusammen mit den Auftraggebenden. Auf ihrer Basis lassen sich in der Folge gezielt Methoden wählen, um sie zu erreichen.

5. Schnell eindenken: Interesse für neue Inhalte

Ob Nachhaltigkeit in Sportvereinen, Dokumentationsrichtlinien in der Verwaltung, Anti-Korruptionsvorschriften bei Finanzinstituten, Wartung von Kaffee-Maschinen, Hygiene-Regeln in der Lebensmittelproduktion, Kommunikationstechniken im Verkauf oder Transplantationsmedizin: Instructional Designer sind vor keinem Fachbereich sicher. Überzeugen Sie sich selbst von der Themenvielfalt, der wir in unserem Agenturalltag begegnen.

Als Sparringspartner für Auftraggebende sollten Instructional Designer so tief in das Trainingsmaterial eintauchen, dass sie den Inhalt im Grundsatz verstehen. Das braucht oft Interesse für Themen, die man sich selbst nicht als Bettlektüre aussuchen würde.

6. Das Ziel im Blick halten – und auch mal Advocatus publici sein

Achtung, zum Schluss werden wir etwas provokativ!

Instructional Designer haben in Kundenprojekten stets eine Doppelfunktion. Einerseits sollen sie ein Lernangebot nach den Vorstellungen der Auftraggeberin erstellen. Andererseits richtet sich ein solches ja nicht an Letztere, sondern an ein bestimmtes und vorher definiertes Zielpublikum. Das Angebot soll – nein: muss – deshalb auf dessen Merkmale abgestimmt sein (z. B. Vorwissen, Sprach- und digitale Kompetenz).

Natürlich stecken noch viele weitere Kompetenzen im Rucksack von Instructional Designern, als die soeben genannten.

Was haben Instructional Designer auch im Rucksack?

  • ein möglichst breites «Weltwissen»
  • Bedienungskenntnisse in berufsbezogener Software – sehr gut bei Autorensystemen, mindestens ausreichend bei Grafik-, Video- und Dienstprogrammen
  • Kommunikation mit Auftraggebenden – inhaltlich und projektbezogen
  • Basiskenntnisse in HTML
  • Projektmanagementfähigkeiten
  • ausgeprägte Teamfähigkeit

Fazit

Zentral beim E-Learning ist die Erkenntnis, dass Inhalte nicht automatisch verstanden oder handlungswirksam werden, nur weil sie in Fachjargon formuliert wurden und auf den Bildschirmen erscheinen.

Professionelles E-Learning entsteht durch gezielte didaktische Entscheidungen, passende Methoden und ansprechende Gestaltung.

Mit zunehmender Erfahrung werden Instructional Designer immer schneller und besser darin, Inhalte so aufzubereiten, dass sie wirklich verstanden und angewendet werden können. Genau das ist das tägliche Brot unserer Instructional Designer – das «kneten» der Lerninhalte, um den Lernprozess so effektiv wie möglich zu gestalten.

Brauchen Sie Unterstützung bei Ihrem E-Learning-Projekte?

Wir helfen gerne weiter – sei es mit Schulungen zu Mediendidaktik, persönlichen Coachings oder vielen weiteren Dienstleistungen. Melden Sie sich unverbindlich bei mir!

Simone Pauli

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